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Naturzerstörung durch Seilbahnen und Pisten muss ein Ende finden

Eben erst wurde die neue Weißseejochbahn im Kaunertaler Gletscherskigebiet in Betrieb genommen, die ein hochalpines Tal für immer verändert und das Landschaftsbild nachhaltig beschädigt hat, da werden schon neue Begehrlichkeiten der Seilbahner:innen bekannt. Die Eingriffe in die Natur nehmen teilweise grenzüberschreitende Dimensionen an, wie der geplante Skigebietszusammenschluss des Kaunertals mit dem Südtiroler Langtauferertal oder die angestrebte Verbindung der Nauderer Bergbahnen mit der Schöneben AG im Südtiroler Vinschgau belegen. Auch die geforderte Verbindung Sillian-Sexten führt über die Staatsgrenze von Osttirol nach Südtirol.

Angesichts dieser massiven Angriffe auf Tirols Berglandschaft fordert die Bürgerinitiative Feldring einmal mehr ein Moratorium für Skigebietserweiterungen und -zusammenschlüsse. In einer mehrjährigen Pause könnten die überholten Bestimmungen des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogrammes novelliert oder neu formuliert und der vielfach propagierte "Neue Tiroler Weg im Tourismus" im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit der Natur in die Praxis umgesetzt werden.

Das Projekt "Gletscherehe", d.h. der Zusammenschluss der Gletscherskigebiete Pitztal und Ötztal, ist für die BI Feldring unter dem Aspekt des Klimawandels und Gletscherrückganges absurd und anachronistisch. Die Bürgerinitiative richtet einen dringenden Appell an den Landeshauptmann, dem Projekt "Gletscherehe" eine klare Absage zu erteilen und führt gleich mehrere Gründe an, warum dieses Vorhaben aus Sicht des Naturschutzes nicht genehmigungsfähig sein kann.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

das kommende Jahr dürfte sehr wahrscheinlich eine Entscheidung im UVP-Verfahren um den Zusammenschluss der Gletscherskigebiete Pitztal - Ötztal bringen. Ohne dem Ergebnis vorgreifen zu wollen, möchten wir noch einmal unsere Bedenken und Einwände vorbringen.

Wir sind der Überzeugung dass das Projekt aus mehreren Gründen nicht genehmigungsfähig ist:

Unter dem Aspekt des Klimawandels und Gletscherrückganges ist ein solches Megaprojekt nicht mehr zeitgemäß und wäre den Bemühungen um einen nachhaltigen Naturschutz diametral entgegengesetzt. Es steht somit in krassem Gegensatz zum erst kürzlich propagierten "Neuen Weg im Tiroler Tourismus", der Nachhaltigkeit und Naturverträglichkeit verspricht.

Die Zahl der Skifahrer ist seit mehreren Jahren rückläufig. Gleichzeitig steigt der Energieaufwand für Beschneiung und Pistenpräparierung. Mit dem fortschreitenden Gletscherrückgang und dem schwindenden Permafrost verliert das felsige Gelände an Stabilität. Das Skigebiet würde so zu einer Dauerbaustelle.

Betrachtet man einen realistischen Zeitraum für den Verfahrensgang und die Baumaßnahmen zur Umsetzung des Projektes so könnten bis zur Fertigstellung noch viele Jahre vergehen. Spätestens dann würde man das Bauvorhaben rückblickend als anachronistisch und "aus der Zeit gefallen" bewerten.

Nach einer Nutzungsdauer von vielleicht 20-30 Jahren würden Bauruinen die Gletschervorfelder verunzieren und Naturerlebnis und touristische Nutzung nachhaltig beeinträchtigen.

Bei einer TT-Umfrage haben sich 70 Prozent der Befragten gegen das Projekt ausgesprochen.

Nach einer WWF-Umfrage im Oktober 2020 ist für 87 Prozent der über 1.000 Befragten ein Ausbau von skitechnischer Infrastruktur in noch unverbaute Gletscher- und Hochgebirgsregionen nicht akzeptabel.
64 Prozent wünschen sich generell einen Ausbaustopp von Seilbahnen,
20 Prozent sogar einen Rückbau.

Kurz vor der Abberaumung der UVP-Verhandlung im März 2020 wurden bereits Teile der naturschutzrechtlichen Gutachten bekannt, die eine starke Beeinträchtigung mehrerer Schutzgüter feststellten. An dieser Einschätzung dürfte sich in der Zwischenzeit kaum etwas geändert haben.

Der von Ihnen angekündigte Bettenstopp wird angesichts des im Zusammenhang mit dem Projekt zu erwartenden Ausbaus von touristischer Infrastruktur unglaubwürdig. Die Umsetzung des Projekts wird allenfalls (ausländischen) Investoren und Spekulanten zugutekommen, die heimische Hotellerie wird auf "kalten Betten" sitzen bleiben.

Angesichts der zu erwartenden Sparmaßnahmen im Zusammenhang mit den enormen Kosten für die Pandemiebekämpfung wird die Bevölkerung wenig Verständnis dafür haben, dass öffentliche Gelder in ein zweifelhaftes Projekt fließen.

Herr Landeshauptmann, wir erwarten von Ihnen, dass Sie einem Projekt, das in krassem Gegensatz zur Mehrheitsmeinung steht und der Natur und kommenden Generationen nachhaltig schaden wird, eine klare Absage erteilen!

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gerd Estermann, BI Feldring